Beckenbodentraining für die Wechseljahre

Wie fühlst Du Deinen Beckenboden? Spürst Du ihn überhaupt? Hast Du einen starken Beckenboden, der Dich gut trägt und hält? Wenn ich meinen Kundinnen am Anfang unserer Zusammenarbeit diese Fragen stelle, sind die Antworten oft schwammig und wenig klar. Das ist nicht verwunderlich, für viele Frauen ist das Erspüren des Beckenbodens ungewohnt und schwer und damit in der Regel die schwerste Aufgabe im Zusammenhang mit einem Beckenbodentraining. Wir können den Beckenboden nicht sehen, vielleicht ahnen wir, wo er sich befindet, selten spüren wir ihn, und die Wenigsten können ihn bewusst ansteuern. Um nachhaltig einer Beckenbodenschwäche vorzubeugen beziehungsweise einen geschwächten Beckenboden zu kräftigen, ist genau das jedoch die Basis und sollte am Anfang eines guten Beckenbodentrainings unbedingt im Mittelpunkt stehen. Weiter unten habe ich Dir erste Übungen zum Erspüren des Beckenbodens mitgebracht.
Inhaltsverzeichnis

Fakten zum Beckenboden

Laut einer groß angelegten EPINCONT-Studie sind 30% der Frauen ab Fünfzig und 25% der Männer ab Siebzig von einer Beckenbodenschwäche betroffen.

Tendenz steigend, vor allem auch wegen des immer weiter verbreiteten Bewegungsmangels. Noch immer ist der Beckenboden ein Thema, über das nicht gerne gesprochen wird und wenn doch, dann meist nur hinter vorgehaltener Hand. Das liegt auch daran, dass er sich in einem intimen Bereich unseres Körpers befindet und wir – wie oben beschrieben – in der Regel wenig Kontakt zu ihm haben. Betrachten wir es aber einmal anders herum…

Verglichen mit einem Haus, welches ein Dach, Türen und Fenster hat, aber sein innerer Raum erst seinen Zweck erfüllt (Laotse: Tao Te King), bildet Dein Becken das Zentrum Deines Körpers. Die Basis des Bauchraumes, das Bindeglied zwischen Rumpf und Beinen. Es trägt Deinen Oberkörper, verteilt das Gewicht und muss somit jede Bewegung stabil ausgleichen.

Funktionen des Beckenbodens

Mitten im Becken liegt der Beckenboden. Bestehend aus drei Muskelschichten (äußere, mittlere, innere) kannst Du ihn Dir wie eine Hängematte vorstellen, die das Becken nach unten abschließt und die folgenden Funktionen übernimmt.

  • Der Beckenboden schützt und hält die Organe des Bauchraumes
  • Der Beckenboden verschließt Blase und Darm
  • Der Beckenboden steigert die sexuelle Empfindsamkeit

Warum gerät der Beckenboden während der Wechseljahre häufig in den Fokus?

Bevor Du in die Wechseljahre kommst, erfährt Dein Beckenboden durch das Hormon Östrogen einen natürlichen Schutz und hält Einiges an Belastung aus. Das Bindegewebe ist stark, dadurch wird der Beckenboden, der aus Muskeln und Bindegewebe besteht, gut gehalten und gestützt.

Fällt nun der natürliche Schutz durch die Hormonumstellung in den Wechseljahren weg, wird das Bindegewebe schwächer und die Muskeln des Beckenbodens müssen deutlich mehr Arbeit verrichten. Erschwerend hinzu kommt, dass wir ab dem fünfzigsten Lebensjahr jährlich circa ein Prozent unserer Muskelmasse verlieren, und schon kannst Du Dir vorstellen, wie sich die Situation für Deinen Beckenboden in dieser Zeit verändert.

Nun können wir diese Prozesse nicht aufhalten, aber wir können sie verlangsamen und unangenehme Begleiterscheinungen durch ein regelmäßiges Training minimieren oder sogar verhindern.

Typische Symptome einer Beckenbodenschwäche

Woran nun erkennst Du denn, dass Dein Beckenboden sich verändert, denn nicht jede Frau ist zwangsläufig von einer Beckenbodenschwäche betroffen.

Anzeichen einer Beckenbodenschwäche könnten sein:

  • Starkes, nach unten gerichtetes „Druckgefühl“
  • Unwillkürlicher Harnabgang beim Niesen oder Husten
  • Schmerzen im unteren Rücken
  • mangelndes Lustgefühl beim Geschlechtsverkehr
  • Hämorrhoiden-Beschwerden
  • Prostataprobleme bei Männern

In weiter fortgeschrittenen Fällen kann es zu einem Gebärmuttervorfall (Absinken der Gebärmutter bis hin zum Austreten aus der Scheide) oder zur Harn- und Stuhlinkontinenz kommen.

Solltest Du unter einer oder mehrerer der oben beschriebenen Symptome leiden, könnte es sein, dass bei Dir eine Beckenbodenschwäche vorliegt. Es lohnt sich dann auf jeden Fall, das Thema beim nächsten Besuch des Gynäkologen anzusprechen.

Was Du tun kannst, um Deinen Beckenboden zu stärken

Beckenbodentraining ist vielseitig und oft sehr individuell. Jede Frau hat unterschiedliche Voraussetzungen oder ein anderes Empfinden. Daher ist es wichtig, Dich selbst auszuprobieren, die für Dich sinnvollsten Übungen und Vorgehensweisen herauszufinden.

Die „Pflicht“ vor allem Anderen ist die Wahrnehmung, alles Weitere ist nur noch „Kür“.

Ich möchte Dich nun einladen, die folgenden drei „Kennenlernen-Übungen“ für jede einzelne Schicht Deines Beckenbodens auszuprobieren. Setz Dich dafür auf einen Stuhl oder eine andere harte Unterlage. Die Füße stehen komplett am Boden, Deine Knie sind im rechten Winkel.

Kipp Dein Becken einige Male vor und zurück und rutsche somit vor beziehungsweise hinter Deine Sitzbeinhöcker (Knochen unter Deinem Gesäß). Probiere aus und nimm erstmal nur wahr, was Du spürst.

Beckenbodenschwaeche Wechseljahre

Sei keinesfalls zu streng mit Dir und beachte, dass alle Bewegungen sehr klein sind, denn es geht beim Beckenbodentraining nicht um eine „sportliche Leistung“, im Gegenteil… WENIGER IST MEHR! Atme gleichmäßig ein und aus. Bleibe nun vor Deinen Sitzbeinhöckern sitzen, Deine Wirbelsäule ist aufgerichtet.

Einfache Übungen zum Beckenbodentraining

Führe jede Übung 8 bis 12 Mal aus.

Für die äußere Schicht des Beckenbodens

Stell Dir vor, Du müsstest dringend deine Blase entleeren, hast aber gerade keine Möglichkeit dazu. Verschließe bei Deiner Ausatmung bewusst die Harnröhre und lockere mit der Einatmung (bitte NICHT! in der Realität praktizieren). Versuche das Gleiche nun in Deiner Vorstellung mit dem Vorgang des Stuhlgangs.

Für die mittlere Schicht des Beckenbodens

Beweg Dich noch einmal auf Deinem Stuhl hin und her und spüre die Sitzbeinhöcker unter Deinem Gesäß. Bleib wieder vor den Sitzbeinhöckern sitzen. Atme gleichmäßig ein und aus und versuche, die Sitzbeinhöcker mit Deiner Ausatmung leicht zueinander zu ziehen. ACHTUNG: Nicht die Pomuskeln zusammenziehen!

Für die innere Schicht des Beckenbodens

Stell Dich aufrecht hin, mit leicht gebeugten Knien. Geh in ein leichtes Hohlkreuz. Versuch nun, Dein Steißbein bei der Ausatmung in Richtung Boden zu „ziehen“. Dein Schambein bewegt sich durch diese (kleine) Bewegung etwas in Richtung Bauch. Bei der nächsten Einatmung lässt Du wieder locker.

Beckenbodenschwaeche Wechseljahre

TOLL! Konntest Du etwas spüren? Minibewegungen? Super. Es fiel Dir schwer? Auch super, denn genau das ist es, wovon ich am Anfang sprach. Das ist die schwerste Hürde. Den Beckenboden zu spüren, ihn wahrzunehmen und ihn bewusst anzusteuern. Hast Du das erstmal geschafft, kommt der Rest fast von allein.

Dein Alltag bietet dir weitere Möglichkeiten, Aufmerksamkeit in deinen Beckenboden zu bringen, ihn bewusst in eine Bewegung mit einzubeziehen (beispielsweise beim Zähneputzen).

Den zweiten Artikel dieser kleinen Beckenbodenserie zu Beckenbodenübungen für den Alltag, findest Du gleich hier.

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Unterstützung für Dein Bindegewebe – nicht nur im Beckenboden

Um Dein Bindegewebe, woraus – wie Du jetzt weißt – auch Dein Beckenboden besteht, zu unterstützen und zu stärken, bieten sich

  • ein regelmäßiges Faszientraining
  • ausreichend Flüssigkeit (ca. zwei Liter/Tag)
  • wasserhaltige Lebensmittel (z. B. Tomaten, Brokkoli, Gurke)

Außerdem pflanzliche Hilfsmittel wie

  • Silicea
  • Ackerschachtelhalm und Frauenmantel oder
  • entsprechende Schüsslersalze

Auch Hormonyoga bietet eine Möglichkeit, Nebenwirkungen der Wechseljahre durch entsprechende Bewegungsabläufe zu mindern oder gar nicht erst entstehen zu lassen. Schau doch mal in diesen Expertentalk, hier findest Du umfangreiche Informationen zu Yoga und Hormonyoga in den Wechseljahren.

Solltest Du starke Probleme mit dem Beckenboden haben oder vermuten, dass etwas nicht stimmt oder solltest Du Dich mit Deinen Problemen bei bisherigen Untersuchungen durch den Gynäkologen allein gelassen fühlen, dann empfehle ich Dir den Besuch eines Beckenbodentherapeuten. In der Therapeutenliste der Arbeitsgemeinschaft Gynäkologie, Geburtshilfe, Urologie und Proktologie (AG GGUP) im Deutschen Verband für Physiotherapie ZVK e. V. findest Du Therapeuten in deiner Nähe.

Fazit

Die Wechseljahre sind eine sensible Lebensphase, die viele Veränderungen – auch für den Beckenboden – mit sich bringt. Wir sollten das „große Ganze“ betrachten und uns durch gesunde Ernährung, Bewegung und Entspannung einen ausgeglichenen Lebenswandel kreieren, Stress möglichst vermeiden und es uns einfach gut gehen lassen – denn das haben wir uns verdient!

Herzlichst,

Deine Tine

Picture of Tine Möller
Tine Möller

Tine Möller arbeitet seit fast dreißig Jahren als Trainerin in der Fitnessbranche. Seit fünf Jahren hat sie sich als Regionalpartnerin von Laufmamalauf auf den Outdoorsport mit Müttern nach Schwangerschaft und Entbindung spezialisiert. Als Beckenbodentrainerin und Ernährungscoach, aber auch aus eigener Erfahrung, weiß sie, wie sich der Körper in den Wechseljahren verändert. Daher ist es ihr ein wichtiges Anliegen, Frauen bereits zu Beginn dieser Lebensphase in den Bereichen Bewegung und Ernährung zu unterstützen und zu begleiten. tinemoeller.de

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Tine Möller

Tine Möller arbeitet seit fast dreißig Jahren als Trainerin in der Fitnessbranche. Seit fünf Jahren hat sie sich als Regionalpartnerin von Laufmamalauf auf den Outdoorsport mit Müttern nach Schwangerschaft und Entbindung spezialisiert. Als Beckenbodentrainerin und Ernährungscoach, aber auch aus eigener Erfahrung, weiß sie, wie sich der Körper in den Wechseljahren verändert. Daher ist es ihr ein wichtiges Anliegen, Frauen bereits zu Beginn dieser Lebensphase in den Bereichen Bewegung und Ernährung zu unterstützen und zu begleiten. tinemoeller.de

Alle Aussagen und Empfehlungen in diesem Artikel sind sorgfältig recherchiert und für gesunde Frauen gedacht. Unsere Beiträge bieten jedoch keinen Ersatz für kompetenten medizinischen Rat und es wird keine Haftung übernommen. Auf jeden Fall solltest Du Dich in deinen Wechseljahren regelmäßig mit deinem Gynäkologen besprechen, gegebenenfalls auch mit Endokrinologen und Heilpraktiker.

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