Körpergefühl
Alex Broll begleitet als Heilpraktikerin und Coach besonders gern Frauen in den Wechseljahren auf dem Weg zu einem positiven und gesunden Körpergefühl.
Wir sprachen über Kämpfe mit dem eigenen Körper, über das Doof-Finden-Dürfen und wie ein schlichter Perspektivwechsel bei Unsicherheiten in der Lebensmitte helfen kann. Denn eine positive Wandlung des Körpergefühls funktioniert zuallerst über bewusste Wahrnehmung, sagt Alex.
Der Experten-Talk über Leichtigkeit und Lebensfreude und über DEN Gamechanger überhaupt.
Alex, Du bist Heilpraktikerin und Coach für ein „positives und gesundes Körpergefühl“. Was genau dürfen wir uns darunter vorstellen und wie bist Du dazu gekommen?
Unter einem positiven und gesunden Körpergefühl verstehe ich eine gelebte Leichtigkeit, Lebensfreude und Zufriedenheit mit sich selbst UND seinem Körper. Wenn eine Frau in ihrer (Körper-)Mitte ist und in sich ruht, dann kritisiert sie in der Regel nicht mehr an sich herum, sondern freut sich daran, wie sie ist, was sie ist und wer sie ist – nämlich eine großartige, wundervolle, starke und energievolle Frau.
Ich habe, seit ich mich erinnern kann, einen Kampf mit meinem Körper geführt und war sehr unzufrieden mit mir und meinem Leben. Ich wusste diese Unzufriedenheit lange nicht zu greifen, bis ich eines Tages meine achtjährige Tochter vor dem Spiegel zu sich sagen hörte: „Ich mag Dich nicht. Du bist nicht schön. Du bist viel zu dick. Keiner mag Dich. Du bist blöd und hässlich und doof.“
Das hat mir als Mutter das Herz gebrochen und gleichzeitig die Augen geöffnet. Ich erkannte mich als kleines Mädchen in meiner Tochter wieder und wusste, dass ich meiner Tochter eine andere Zukunft geben möchte. Ich wollte meiner Tochter an meinem Vorbild zeigen, dass unsere Körper wundervoll und großartig sind, egal ob dick oder dünn, lang oder kurz. Ich wollte ihr zeigen, dass eine positive Einstellung zu sich selbst und ein achtsamer Umgang mit dem eigenen Körper glücklich und selbstbewusst macht.
Also übte ich an mir. Ich stellte mich vor den Spiegel und schaute nicht mehr nur auf meine Makel wie die Schwangerschaftsstreifen auf dem Bauch oder die Orangenhaut an Oberschenkeln, sondern beispielsweise auf meine Arme, die mir viele Jahre lang geholfen haben, meine Kinder zu tragen und meine Füße, die schon viele Schritte in meinem Leben gegangen sind. Ich begann, mich liebevoll um mich zu kümmern und mir wieder zuzuhören.
Heute kann ich sagen, „Ich mag mich, an (fast) allen Tagen des Jahres“.
Und das Allerbeste daran: Meine Tochter hat meine Veränderungen miterlebt und geht mit ihren 14 Jahren sehr viel liebevoller und achtsamer mit sich und ihrem Körper um, als ich es in ihrem Alter getan habe. Ich hoffe, dass ich ihr weiterhin ein gutes Vorbild sein werde.
Also sind es Frauen „wie Du und ich“, die zu Dir kommen? Besonders Frauen in Umbruchphasen, wie den Wechseljahren?
Ja! Ich begleite Frauen in allen Altersgruppen, von der frischgebackenen Mama, die sich mit ihrem veränderten Körper wieder anfreunden möchte bis zur reifen Frau, die sich in ihrem Körper endlich wohlfühlen will.
Besonders gerne helfe ich tatsächlich Frauen in den Wechseljahren. Warum? Weil diese Frauen in eine Phase ihres Lebens treten, in der sie sich oft (endlich) wieder wichtig nehmen wollen und dabei häufig einen kritischen Blick auf ihren Körper werfen. Der Körper verändert sich in den Wechseljahren genauso stark, wie in der Pubertät. Doch, ganz anders als in der Pubertät, wird von den Frauen erwartet, dass sie das leise, still und heimlich mit sich ausmachen.
Oft sind die Frauen, die zu mir in die Praxis oder zum Coaching kommen, verzweifelt, ratlos und verärgert über sich selbst, weil sie bisher kaum oder gar nicht über ihre Zweifel, Sorgen und Fragen sprechen konnten. Sobald sie sich endlich öffnen können und gehört werden, geht es ihnen oft emotional schon viel besser. Diese Frauen kommen zu mir, weil sie sich und ihren Körper verstehen wollen.
Wie findet frau denn wieder zu sich, wenn sie sich selbst aus den Augen verloren hat? Wie schafft sie es, sich und ihren Körper wieder zu spüren? Und positiv zu ihm zu stehen?
Uui, das ist eine sehr komplexe Frage. Sicherlich kannst Du Dir vorstellen, dass es nicht von heute auf morgen funktioniert, sich selbst (wieder) positiv zu betrachten. Besonders, wenn es jahre- oder jahrzehntelang ganz anders war.
Eine meiner allerersten Übungen, die ich mit all meinen Patientinnen und Kundinnen machen, ist das bewusste Wahrnehmen – zum Beispiel beim Atmen. „Wie fühlt es sich an, wenn der Brustkorb sich hebt und senkt beim Ein- und Ausatmen?“, „Und wie fühlt es sich an, wenn die Atmung bis in den Bauch hinunterfließt und der Bauch sich beim Einatmen ausdehnt?“. Was passiert dann in meinem Körper? Im Kopf, in den Schultern, in den Armen…
Anfangs geht es viel um die BEWUSSTE Wahrnehmung, das heißt, ich leite die Frauen dazu an, während des Tages immer wieder kurz innezuhalten und die Atmung zu beobachten oder beim Sitzen am Schreibtisch zu fühlen, wie Rücken und Füße sich anfühlen.
Außerdem motiviere ich jede Frau dazu, sich mehr zu bewegen. Das kann ein kurzer Spaziergang nach der Arbeit sein oder die Treppe statt den Aufzug zu nehmen. Es geht mir anfangs vor allem darum, dass das eigene Erleben verändert und WAHRGENOMMEN wird.
Wenn ich abends in Gedanken meinen Tag durchgehe und weiß, dass ich die Treppen genommen habe, zum Supermarkt mit dem Fahrrad gefahren bin oder mir mittags eine besonders erholsame Pause gegönnt habe, kann ich stolz sein auf mich. Ich kann mich loben und mich über mich freuen. Und wenn ich so mir gegenüber positiver werde, kann sich langsam mein Körpergefühl ebenfalls positiv verändern.
Wir sind in unserer Gesellschaft ja eher darauf konditioniert, unsere Mängel zu sehen. Fühlen sich die Frauen nicht komisch, wenn sie sich auf einmal sagen, was sie an sich selbst mögen?
Ja, total! Viele Frauen können sich anfangs wirklich nicht vorstellen, dass sie sich selbst mögen könnten, weil sie bisher nur auf ihre Mängel geschaut haben. Außerdem haben sie Sorge, dass sie auch ihre Makel lieben lernen müssen. Doch darum geht es nicht. Es geht viel mehr um einen Rahmenwechsel:
Stell Dir vor, Du fährst bei Nacht durch den Wald. Dein Scheinwerferlicht beleuchtet die Straße vor Dir und vielleicht noch ein klein wenig des seitlichen Straßenrandes. Und nun fährst Du die gleiche Strecke tagsüber, ohne Scheinwerferlicht. Was siehst Du jetzt? Eine ganz andere Umgebung!
Doch auch bei Nacht war diese Umgebung da, Du hast sie nur nicht sehen können.
Und genau das zeige ich den Frauen, wenn sie sich auf ihre positiven Eigenschaften und Körperteile konzentrieren. Wir verändern nicht den Körper, sondern nur das Licht, mit dem wir auf den Körper schauen.
Heißt das, das meine Umwelt meine Falten gar nicht so wahrnimmt wie ich? Und auch mein Hüftpolster vielleicht nicht so sehr sieht? Die Cellulitis, die grauen Haare und so weiter. Ich könnte noch so einiges aufzählen…
Genauso ist es. Wir selbst sind unsere größten Kritiker und schließen allzu oft von uns selbst auf andere. Ich gebe meinen Kundinnen oft folgende Hausaufgabe:
Such Dir Familienmitglieder, Freundinnen oder Kolleginnen, mit denen Du ein GUTES Verhältnis hat (es ist wichtig, dass es Menschen sind, denen Du wirklich am Herzen liegst) und bitte sie, in fünf bis zehn Stichworten auf einem Zettel zu schreiben, wie sie Dich sehen, was ihnen an Dir gefällt, äußerlich und innerlich, wie sie mögen. Den Zettel faltet die Person dann zu und übergibt ihn Dir ohne Erläuterung. Erst, wenn Du wieder alleine bist, darfst Du lesen, was sie geschrieben hat. Mach diese Übung mit mindestens fünf bis sieben lieben Mitmenschen.
Das Ergebnis dieses „Zettelspielchens“ ist unglaublich. Häufig sind die Frauen so überrascht, wie positiv sie von ihren Mitmenschen gesehen werden und können es gar nicht glauben. Sie sehen sich selbst ja meist ganz anders und vor allem viel negativer.
Ich ermuntere meine Kundinnen dann, diese Zettelchen in einem größeren Glasbehälter aufzubewahren und möglichst täglich zu lesen. So holen sie sich diese positive Wahrnehmung ihrer Mitmenschen immer wieder ins Gedächtnis.
Darf ich denn auch was doof finden an mir?
Na klar! Bloß weil ich nun „bei Tageslicht durch den Wald“ fahre, ändert sich ja nichts an meiner Umgebung. Vielleicht werde ich niemals die beste Freundin meines Bauches oder meiner Schwangerschaftsstreifen, aber ich sehe nun nicht mehr nur diese „Makel“, sondern die ganze Schönheit „des Waldes“.
Es ist eine Frage der Einstellung: Wenn ich meine ganze Energie auf das „Doof-Finden“ lenke, dann bin ich unzufrieden mit mir und gerate schnell aus dem Gleichgewicht. Doch wenn ich weiß, dass ich Körperstellen oder auch Eigenschaften an mir sehr schätze und darauf stolz bin, verändert sich meine innere Stimmung, meine Grundhaltung zu mir selbst sehr positiv.
In unserer LEMONDAYS Sisterhood spüre ich oft die Erleichterung, wenn Frauen feststellen, es geht nicht nur mir so, ich bin nicht allein damit. Stellst Du das in Deinen Kursen auch fest?
Ja, ja, ja! Wir glauben ja immer, wir wären die EINZIGEN mit diesem Problem. Und das macht einsam. Es gibt niemanden zum Austausch. Keiner ist da, der zuhört oder einen neuen Tipp oder eine Idee hätte. Wir fühlen uns komplett alleine und verloren.
Und enorm groß ist dann die Erleichterung, wenn die Frauen in meinen Kursen feststellen, dass sie nicht alleine mit dem Problem, Zweifel oder der Frage sind. Das ist unglaublich.
Plötzlich fühlen sich diese Frauen zu einer Gemeinschaft zugehörig. Das ist oft der Game-Changer, denn nun kämpfen sie nicht mehr alleine und können auf die Kraft der Gruppe vertrauen.
Wie schaffe ich es denn, in Bewegung zu kommen, wenn ich den Sport jahrelang vernachlässigt habe, weil ich mich vielleicht immer um andere gekümmert habe?
In dem ich mir für den Anfang nicht zu viel vornehme. Bewegung und Sport werden von Frauen mitunter sehr kontrovers betrachtet. Die einen sehen eine riesige Chance und stürzen sich mit Übereifer hinein und die anderen wissen gar nicht, wie sie anfangen sollen und lassen es dann lieber gleich ganz sein.
Ich sage ihnen immer: Mach kleine Schritte und sei STOLZ auf jeden Schritt, den Du gemacht hast. Dein Körper freut sich über Bewegung – über wirklich jede Bewegung. Oft ist es am Anfang „nur“ das Treppensteigen statt der Rolltreppe oder der der 20-Minuten-Spaziergang. Gerade, wenn der Körper lange nichts getan hat, braucht er Zeit, um sich an die Bewegung zu gewöhnen.
Ich erkläre meinen Frauen, dass es nicht auf die Dauer ankommt, sondern darauf, dass sie auf die Signale des Körpers wieder hören und darauf reagieren lernen.
Es gibt keinen 0815-Plan für die Bewegung.
Nur: Bewegung sollte immer Spaß machen. Wenn ich also früher gerne getanzt habe, ist das vielleicht das Richtige oder wenn ich gerne schwimmen war, lass ich das vielleicht wiederaufleben. Oft ist es anfangs ein Ausprobieren und Hinhören: Was tut meinem Körper gut und was gefällt mir? Und daran arbeite ich dann weiter.
Welche Veränderungen siehst Du bei Frauen in den mittleren Jahren, die Deinen Kurs mitmachen?
Die Veränderungen sind unglaublich und einfach nur großartig.
Wenn diese Frauen am Anfang des Kurses stehen, wissen sie oft nicht genau, was sie erwartet. Jede hat ihre ganz eigene Vorstellung eines positiven Körpergefühls und die meisten Frauen sind sehr skeptisch, ob sich dieses Körpergefühl, das sie jetzt haben, wirklich in ein Positives wandeln wird.
Schon innerhalb der ersten zwei Wochen beginnt sich etwas in diesen Frauen zu verändern. Sie werden nachsichtiger mit sich, nehmen sich selbst bewusster und aufmerksamer wahr. Über die Dauer von 15 Wochen bei „Learn to love yourself“ (meinem großen Gruppenprogramm) bekommen die Frauen eine völlig andere Einstellung zu sich selbst.
Sie nehmen sich wieder wichtiger und können Grenzen besser abstecken. Sie fühlen sich mehr bei sich und können klarer entscheiden, was sie wirklich wollen. Sie wissen, was ihnen gut tut beispielsweise in der Bewegung und was eine gesunde Ernährung für sie bedeutet. Sie haben gelernt, dass sie nicht nur funktionieren müssen, sondern selbst die Spielregel ihres Lebens aufstellen dürfen.
Sie sind wieder mehr bei sich und in ihrer Kraft angekommen und haben die Leichtigkeit, Lebensfreude und Zufriedenheit, die sie so lange vermisst haben, wiederentdeckt.
Ich liebe ja Dein Motto „Natürlich bin ich schön“. Hast Du Tipps, was wir täglich tun können, um genau dieses Gefühl auch wirklich zu verinnerlichen?
Ein Tipp für den täglichen Gebrauch ist das bewusste Wahrnehmen, dass ich weiter oben schon erklärt habe. Außerdem ist das Führen eines Dankbarkeitstagebuches oder Dankbarkeitsglases (ich nenne es gerne das i-Love-Glas) sehr hilfreich.
In dieses Buch oder auf drei bis zehn Zettel schreibst Du auf, wofür Du am heutigen Tag dankbar bist. Dabei ist es ganz wichtig, dass mindestens zwei Zettel mit Dingen beschriftet werden, die Dein Körper heute für Dich gut gemacht hat. Vielleicht sind es die Zehenspitzen, mit denen Du Dich lang machen konntest oder Deine Augenlider, die Dich vor der Sonne geschützt haben. Wichtig ist, dass es positive Dinge zu deinem Körper sind.
Eine zweite Sache, die ich sehr wichtig finde: Achte auf Deine innere Stimme. Wir neigen ja dazu, uns zu überkritisieren. Fast immer ist diese Kritik nicht gerechtfertigt. Sollte Dich also der innere Kritiker besuchen und Du bemerkst das destruktive Selbstgespräch, könntest Du Dir die Frage stellen: „Stimmt das, was ich mir gerade sage?“ und „Kann ich mir sicher sein, dass das was ich mir gerade sage, zu 100% wahr ist?“
Alleine in die Reflexion dieser Gedanken zu gehen, ist extrem hilfreich. Und je häufiger Du Dich darin übst, desto eher kommst Du wahrscheinlich zum Schluss, dass nicht alles, was Du über Dich denkst, der Wahrheit entspricht.
Herzlichen Dank!
Herzlichen Dank, liebe Alex, dass Du uns an Deiner Erfahrung hast teilhaben lassen. Hier geht´s übrigens zur Anmeldung zum Kurs „Lern to love yourself“.
ALEX BROLL zeigt Dir, wie Du Dich und Deinen Körper wieder lieben lernst und voller Lebensfreude, Leichtigkeit und Zufriedenheit Dein Leben selbstbewusst gestaltest.
Als Heilpraktikerin und Coach hilft sie Frauen dabei, einen wertschätzenden und achtsamen Umgang zu ihrem Körper zu entwickeln und zeigt ihnen, wie sie ein positives und gesundes Körpergefühl wieder er-LEBEN können. Sie verbindet in ihrer Arbeit Schwerpunkte aus Naturheilkunde, Bewegung, Ernährung und Coaching zu ihrem ganzheitlichen „Natürlich bist du schön“-Konzept und zeigt ihren Coaching-Klientinnen, wie sie Körper, Geist und Seele wieder in Einklang miteinander bringen können.
Der Kurs „Learn to love yourself“ startet wieder im Herbst. Hier findest Du jetzt schon alle Infos.
Schreibe einen Kommentar