Unsichere Hände streichen über meinen Kopf, verheddern sich in meinen Haaren – autsch, das ziept – streichen stotternd hinab vom Kopf zum Nacken und schubbern den Hinterkopf wieder herauf, fahrig fühlt sich das an und gar nicht bei der Sache. Meine Härchen stellen sich auf, ich erschauere und ohhhhhhh Mann, wie mich das nervt, wenn mein Partner mich so berührt. Bei mir zieht sich alles zusammen, ich werde steif wie ein Spazierstock und denke: Das gibt’s doch nicht, dass DER sich immer noch so tollpatschig anstellt. Kein Wunder, wenn sein Annäherungsversuch mal wieder in gegenseitigen Vorwürfen endet.
Kommt Dir das bekannt vor? Also mir schon 😉 Diese abtörnende Szene stammt aus Zeiten, als ich selbst keine Ahnung davon hatte, wie ich berührt werden wollte und was mir gefiel beim Sex. Damals dachte ich, mein Partner müsse das doch wissen. Schließlich war er ja der Mann und kannte sich deshalb aus mit Sex. So war das doch, oder?
Von Jungs wurde das ja geradezu erwartet, „sich die Hörner abzustoßen“. Für Mädchen und Frauen galt das natürlich nicht – und gilt bis heute nicht, dass es gesellschaftlich „hochangesehen“ ist, eine sexuell aktive Frau zu sein mit möglichst vielen sexuellen Erfahrungen.
Auch sich selbst zu berühren und Lust mit dem eigenen Körper zu erleben, ist für viele eine Hemmschwelle. In diesem Artikel beschreibe ich 3 sinnliche Möglichkeiten, wie Du Dir mit Selbstberührung Wohlfühl-Momente in Deinen Alltag holst.
Die Erwartung, dass der Partner schon wissen wird, wie wir es mögen, spukt bis heute in vielen weiblichen Köpfen herum.
Wie hättest Du‘s denn gerne? Anders!
Zum Thema Sexualität gibt es nach wie vor viele Klischees, Mythen und Tabus – rund um die weibliche Sexualität ganz besonders viele. Mir ging es ja auch so. Wie schwer es mir fiel, über meine sexuellen Vorstellungen und Wünsche zu sprechen! Meist blieb ich stumm und brachte kein Wort heraus. Und ehrlich gesagt, auf die Frage: „Wie hättest Du es gerne?“, hatte ich gar keine Antwort. Ich wusste es wirklich nicht, ich wusste nur: ANDERS, anders hätte ich es gerne.
Ich hatte mich einfach nie damit beschäftigt, herauszufinden, was mir Lust macht. Geändert hat sich das erst, als ich nach Jahren der Frustration und Zeiten mit fast gar keinem Sex, mit Mitte 40 beschlossen habe, dass ich meinem Leben mehr Sex schenken will. Denn tief in mir drin wusste ich, dass da noch viel mehr gehen würde, als das, was ich bisher erlebt hatte.
Nimm Deine Lust in die eigenen Hände!
Für mein lebendiges und erfülltes Liebesleben war es damals an der Zeit, die Zurückhaltung aufzugeben und selbst aktiv zu werden für die Dinge, die ich wirklich wollte. Denn das war mir klar geworden: Ich hatte es mir selbst versagt, in meine volle sexuelle Kraft und Lebendigkeit zu kommen und habe damit meine Möglichkeiten beschnitten.
Und letztendlich konnte nur ich mir selbst diese Erlaubnis geben.
Dir selbst die Erlaubnis zu geben bedeutet:
- Du erlaubst Dir herauszufinden, was und wie es Dir gefällt.
- Du erlaubst Dir darüber zu sprechen, was und wie es Dir gefällt.
- Du erlaubst Dir deine Wünsche und Bedürfnisse, wie Du Liebe empfangen und geben willst, in die Tat umzusetzen.
Ich lade Dich ein, Deine erotischen Vorlieben kennenzulernen
Hast Du schon mal erforscht, wo und auf welche Art Du beim Liebesspiel berührt werden möchtest? Das Wissen, was Dir Lust macht und wie Du berührt werden möchtest, ist so enorm wertvoll, denn nur dann kannst Du Deinem Partner zeigen, was und wie Du es Dir wünschst im Bett. Oder Dir selbst Lust bereiten.
Auch in Gesprächen mit Deinem Schoß kannst Du etwas über Deine Wünsche und Bedürfnisse herausfinden. Wie ein Yonitalk abläuft, habe ich in diesem Artikel beschrieben.
Eine Standardnavigation für Körper gibt es nicht. Woher sollte Dein Partner also besser wissen, was Dir Lust macht, als Du selbst?
Ich möchte Dir heute eine spielerische Übung vorstellen, mit der Du viel über Deine Vorlieben und Körperempfindungen herausfinden kannst: Erstelle Dir Deine erogene Körper-Landkarte.
Diese individuelle Körper-Landkarte lässt Dich und Deinen Partner beim Liebesspiel sicherer werden. Wenn Du Deine Lustpunkte kennst, fällt Dir auch die Kommunikation mit Deinem Partner leichter. Du kannst damit auch Dinge aufdecken, mit denen Du vielleicht schon lange unzufrieden bist – aber nicht genau weißt, warum eigentlich.
Das klingt spannend? Dann komme gleich mit auf eine Forschungsreise zu Deiner Lust und finde heraus, wie Du gerne berührt werden möchtest.
Starte Deine Forschungsreise und erstelle Deine erogene Körper-Landkarte
Und so geht’s: Du brauchst dafür mehrere DIN A 4 Blätter oder noch größere Blätter, z.B. von einem Zeichenblock oder Flipchart.
Zeichne zuerst einen Körperumriss auf Dein Blatt, etwa so wie in diesem Beispiel.
Jetzt beginne damit, eine erotische Körperkarte in diesen Umriss einzuzeichnen
Du könntest zum Beispiel mit dem Vorspiel anfangen und mit der Frage, wie Du Dir Dein ideales Vorspiel vorstellst.
Überlege Dir also:
- Welche Regionen Deines Körpers wollen beim Vorspiel berührt werden und in welcher Reihenfolge?
- Schreibe Nummern in Deinen Körperumriss. Z.B. Du möchtest zuerst am Nacken berührt werden, also trage dort die Nr. 1 ein. Dann an Deinem Hals, also trage dort die Nr. 2 ein. Danach die Schultern – Nr. 3 und so weiter.
Stelle Dir das Vorspiel vor, so wie Du es Dir in diesem Moment wünschst. Mache diese Übung im Bewusstsein, dass es Morgen oder nächste Woche auch anders sein könnte.
Mein Tipp: Bleibe dabei neugierig und spielerisch.
Ich habe weitere Ideen für Dich, wie Du die Übung vertiefen kannst. Du kannst dafür dasselbe Blatt nutzen oder ein neues.
Wie willst Du berührt werden?
Beschreibe auch die Qualität der Berührung und schreibe zu jeder erogenen Zone einen oder zwei Sätze dazu, wie Du berührt werden willst.
Wie soll die Qualität der Berührung sein? Zum Beispiel:
- fedrig
- tupfend
- zärtlich
- zupfend
- kitzlig
- knetend
- streichend
- soft
- fest
- intensiv
Weitere Kriterien, die Du beschreiben kannst, wie Du Dir Berührung wünschst, sind:
- die Intensität
- die Schnelligkeit
- die Langsamkeit
- die Emotion, die Du dabei fühlen willst
- oder wieviel Zeit dieser Körperregion gewidmet werden soll.
Male Dir alles aus, ganz nach Deinen Wünschen.
Wo willst Du berührt werden?
Wenn Du magst, kannst Du Dein Erleben weiter vertiefen:
- Zeichne die Zonen ein, in denen sich Berührung sicher für Dich anfühlt.
- Zeichne die No-Go areas ein. Körperzonen, die nicht berührt werden wollen – oder nur nach besonderer Absprache. Du kannst für die verschiedenen Zonen verschiedene Farben nutzen: grün für „ja, hier will ich gerne berührt werden“. Gelb für „das ist manchmal okay, manchmal nicht okay. Rot für „hier will ich auf gar keinen Fall berührt werden“. Blau für Zonen, die indifferent sind – vielleicht auch erst noch erforscht werden wollen.
- Du könntest den Zonen auch „Noten“ von 1-6 geben. Die 1 für „ich liebe es hier berührt zu werden“, die 4 für „es ist okay, bringt mir aber keinen besonderen Lustgewinn“ bis zur 6 „hier will ich auf keinen Fall berührt werden“.
Mache dasselbe auch für Deine Körperrückseite.
Und das nächste Mal, wenn Du Dich selbst verwöhnst, erinnere Dich an Deine erogene Körper-Landkarte und probiere aus, wie sich das anfühlt. Erlebe Dein perfektes Vorspiel mit Dir selbst. Oder zeige Deinem Partner Deine erogene Körper-Landkarte und vereinbart einvernehmlich, etwas davon auszuprobieren.
Auf Deine lebendige Sinnlichkeit,
Deine Ilona
Fotos: Pixabay, Canva