Das Wort „Intuition“ leitet sich vom lateinischen intuitio ab, was so viel wie „geistiges Schauen“ bedeutet. Dabei reden wir kurioserweise eben oft von blinden Entscheidungen, wenn wir Intuition meinen. Überhaupt: Intuition in unserer Welt ist ja eher was für Künstler – eine scheinbar unüberlegte und daher leider oft als zweitklassig empfundene Entscheidungsfindung, eben aus dem Bauch heraus und nicht aus dem vermeintlich klugen Kopf.
Kopf schlägt Bauch? Mitnichten.
Im Bauch sitzen bekanntlich unsere Superkräfte und eben auch dieses blitzschnelle innere Abwägen tausender bisheriger Erfahrungen, Informationen und Empfindungen – um Entscheidungen zu treffen, die uns im ersten Moment vielleicht kurios vorkommen, die sich aber sehr oft als richtig erweisen.
Aus diesem Blickwinkel ist das Bauchgefühl deiner läppischen Pro- und Contra-Liste, die Du bei besonders kniffligen Entscheidungen nach stundenlangem Hin und Her auf einen Küchenzettel schreibst, haushoch überlegen: Während Du noch dabei bist, Dir auf Zwang eine logische Entscheidung rauszuwürgen und schon Deine komplette Familie mit Fragen dazu genervt hast, hat Deine innere Logik Dir bereits vor Stunden mitgeteilt, dass Du Dich doch bitte endlich für diesen coolen Job bewerben solltest, egal wie alt Du bist. Oder das Haus kaufen, obwohl es jetzt noch nicht wirklich nach Traumhaus aussieht.
An Intuition musst Du nicht glauben, sie ist da und funktioniert.
Studien belegen, dass unser Bauchgefühl sogar so machen Computeralgorithmus schlagen kann. Und ich weiß ja nicht, wie es Dir geht, aber in 99% der vergangenen Fälle lag mein Bauch goldrichtig, auch wenn ich leider nicht immer auf ihn gehört habe. Bis ich in die Wechseljahre kam. Dann war auf einmal alles anders.
Bauchgefühle und Wechseljahre – eine turbulente Kombination.
Mit Ende vierzig hat es sich auf einmal so angefühlt, als könne ich meinem Bauch nicht mehr blind vertrauen. Plötzlich kamen andere Kräfte ins Spiel: „Ist das jetzt Intuition, oder sind es doch die Hormone?“ Diese Frage habe ich mir oft mit freundlicher Unterstützung meiner Außenwelt gestellt, die mich jede fünf Minuten daran erinnert hat, dass ich aktuell in den Wechseljahren bin und man daher sowieso jede meiner Entscheidungen in Frage stellen oder direkt in die Tonne kloppen sollte.
Für jemanden wie mich, die Entscheidungen fast ausschließlich aus dem Bauch heraus trifft, war das total schwierig. Mit meinem Bauch fiel mein wichtigster Berater, meine beste innere Freundin weg.
Hormongesteuert oder intuitiv? Das ist die große Frage.
Vielleicht trifft uns Frauen diese hormonelle Sabotage des Bauchgefühls in den Wechseljahren auch einfach härter, weil wir uns oft auf die vielgerühmte weibliche Intuition verlassen. Wir sind mehr auf der Gefühlsebene unterwegs und vertrauen unseren Emotionen und Erfahrungen schlichtweg schneller, anstatt uns mit Argumenten aufzuhalten. Ist aber unser innerer Gefühls-Kompass völlig verdreht, macht uns das ganz schön zu schaffen.
Ich habe meinen inneren Kompass wiedergefunden, indem ich nach einigen doofen Jahren auf der Argumentationsebene wieder den Mut aufgebracht habe, auf mich zu hören. Ich schätze, es war irgendwann einfacher das Risiko in Kauf zu nehmen, dass ich die eine oder andere hormongesteuerte falsche Entscheidung treffe, als alle möglichen Entscheidungen immer wieder in Frage zu stellen oder zwanghaft durchzurechnen.
Warum wir trotzdem auf unsere Intuition vertrauen können.
Wenn ich Dir einen Ratschlag geben sollte, dann wäre es wohl dieser: Hör auf Deinen Bauch und sch … auf Deine Hormone. Letztere werden sich früher oder später wieder beruhigen (genau wie Dein Umfeld). Glaub an Deine Intuition, lass Dich nicht von guten Argumenten unterkriegen und lass das ständige Grübeln sein, Du bist auch so schon schlaflos genug. Vielleicht feierst Du Deine Intuition ja auch, indem Du eine Zeitlang möglichst viel intuitiv machst und eine neue Freiheit genießt. Denn Fakt ist, dass Du Deiner Intuition vertrauen kannst. Schließlich hatte sie – zumindest in meinem Fall – über 50 Jahre Zeit zu lernen und zu wachsen.