Ich also zum Golfplatz, das kann ja nicht so aufwändig sein. Dort macht eine nette junge Dame mich allerdings erst einmal darauf aufmerksam, dass ich eine so genannte Platzreife brauche. Die Platzreife, oho. Das ist der Kurs, der Menschen dazu befähigt, auf einem Golfplatz das Regelwerk einzuhalten und den Verkehr nicht aufzuhalten (wenn man noch welchen hat). Und reif, ja, das trifft doch schon mal genau auf mich zu! Überreif an manchen Stellen, wenn Du verstehst, was ich meine.
Naturschönheiten unter sich
„Der Golfplatz strahlt eine natürliche Schönheit aus.“, lese ich als Allererstes in den Regeln. Astrein, denke ich, dann passen wir ja schon mal wunderbar zusammen.“
Passen Sie sich seiner Ästhetik an und kleiden Sie sich angemessen.“ lese ich weiter. Okay. Kurz überlege ich, welche verquere Auffassung von Natur einen nicht unwesentlichen Teil der Menschen auf einem Golfplatz dazu bringt, karierte Klamotten anzuziehen, bei deren Anblick jedes Eichhörnchen blind vom Baum fallen müsste. Schon mal einen Fuchs im rosa Polohemd gesehen? Ich mein ja nur.
Ich gucke an meinen knallroten Adidas-Klamotten runter und tröste mich damit, dass Schneewittchen schließlich auch einen roten Apfel in der Hand hatte, und die hat mitten im Wald gelebt. Sei es drum, weiter im Regelwerk:
„Bewegen Sie sich sportlich.“
Hallo? Eigentlich bin ich zum Golfspielen angetreten, weil ich das ja jetzt sein lassen wollte mit den ernsthaften sportlichen Betätigungen. Sportlich in meinem Alter ist sowieso schon, sich gleichzeitig die Pumps anzuziehen und auf einem Bein hupfend den Autoschlüssel zu suchen.
Wenn ich mich heute noch RICHTIG sportlich bewegen könnte, würde ich mit Windsurfen anfangen. Oder Beachvolleyball. Sei es drum: Einen eingedellten Ball ein paar Meter weiter zu hauen kann mit dem Wut-Potential, das sich bei einer seelisch normal organisierten 50jährigen Frau mit den Jahren aufgestaut hat, wohl nicht soooo schwer sein.
In der ersten Golfstunde stellen wir uns also alle in einer Reihe auf und hauen die Bälle weg. Oder vielmehr: Der 17jährige neben mir haut den Ball weg, während meiner noch genau da liegt, wo ich ihn eben rückenschonend platziert habe. Dafür ist jetzt ein Stück aus dem Rasen raus.
Ich lerne, dass Golf nach Stabhochsprung als die zweitschwerste Sportart überhaupt angesehen wird. Schön, dass ihr das jetzt erwähnt habt, Leute, wo ich hier schon mit 30 Bällen und 3 Schlägern rumstehe. Nach Ball 20 bin ich mir nicht mehr sicher, ob es wirklich schwerer für mich wäre, mit einer biegsamen Stange über eine unbewegliche Latte zu springen. Damals bei den Bundesjugendspielen hab ich doch auch immer die Siegerurkunde bekommen. Zurück zu den Regeln:
„Bewegen Sie sich immer in Spielrichtung.“
Genau, da wo ich bin, ist vorne, also alle mir nach. Ich bewege mich jetzt allerdings erst einmal heimlich in Richtung Außengastronomie und bestell mir den Eintopf. Man muss es schließlich nicht gleich übertreiben mit der sportlichen Betätigung. Vielleicht guck ich auf der Rückfahrt vom Golfplatz dann kurz in der Tennishalle vorbei, da sind die Schläger größer und die Bälle auch. In diesem Sinne: ein schönes Spiel.
Bleib frisch & fröhlich.
Deine Nina