Dein Verdauungstrakt – Unendliche Weiten
Hallo, du wunderbare Leserin. Heute starten wir also in den zweiten Teil rund um dein gesundes Bauchgefühl. Im ersten Teil hatte ich dir beschrieben, wie dein Verdauungstrakt grundsätzlich aufgebaut ist. Solltest du ihn noch nicht gelesen haben, dann empfehle ich dir, zunächst den ersten Artikel dieser Miniserie zu lesen, denn heute wollen wir noch sehr viel tiefer in deine Verdauung einsteigen.
Mikrokosmos „Darmmikrobiom“
Im letzten Artikel habe ich dir schon kurz von den Superheldinnen deines Verdauungstraktes berichtet. In Fachkreisen nennt man diesen Mikrokosmos „Darmmikrobiom“ und das bezeichnet die Gesamtheit aller kleiner Mikroorganismen wie Bakterien und Pilze in deinem Verdauungstrakt. Wir haben ungefähr 100 Billionen Bakterien in unserem Darm und würden sich alle Darmbakterien zusammen auf die Waage stellen, dann würde sie stolze 2 kg da rauf bringen.
Die Aufgaben der Darmbakterien
Stell dir dein Darmmikrobiom als kleines Universum vor. In diesem Universum gibt es viele Planeten mit ganz unterschiedlichen Bewohnern, die verschiedene Aufgaben erfüllen.
Die BewohnerInnen der einzelnen Planeten, auch SuperheldInnen genannt, sind zum Beispiel für die Aufnahme kleinster Nahrungsbestandteile verantwortlich. Andere Planetenbewohner helfen dabei Vitamine, Aminosäuren und Enzyme zu bilden oder unverdauliche und schädliche Nahrungsbestandteile schnell wieder auszuscheiden. Wieder andere bilden bestimmte Eiweiße, die krankmachende Viren und Bakterien abtöten können und die Bildung unserer wichtigen Immunzellen unterstützen.
Es würde keinen Sinn machen, über jeden einzelnen dieser Planeten mit seinen Bewohnern zu schreiben, also möchte ich mich heute auf drei bestimmte Planeten deines Darmmikrobioms beschränken. Die BewohnerInnen dieser Planeten regulieren zum Beispiel die Energieverwertung aus deiner Nahrung, den Abbau von Östrogen, oder schützen die Darmwand vor Entzündung.
Warum dein Darm dich dick machen kann
Wir besuchen in deinem Darm-Universum heute zunächst den Planeten „Übergewicht“ mit den beiden Bakterien-Großfamilien der „Bacteroidetes“ und „Firmicutes“, kurz Bacters und Firmis.
Die beiden Bewohnerstämme sind seit einigen Jahren ziemlich in den Fokus der Forschung gerückt, da man entdeckt hat, dass es wohl einen Zusammenhang zwischen einem Überangebot an Firmis und hartnäckigem Übergewicht gibt.
Eine amerikanische Studie (Link 19.03.2020)aus 2006 zeigte, dass bei Menschen mit Übergewicht die Zahl der Firmicutes-Bakterien im Vergleich zu den Bacteroidetes-Bakterien deutlich erhöht war. Warum das so ist, ist recht schnell erklärt.
Diese Bakterien machen dich dick
Die Firmis sind richtig fleißige Bienchen und können aus eigentlich unverdauten Nahrungsbestandteilen, wie Stärke, trotzdem noch Kohlenhydrate und Fettsäuren gewinnen Damit steht dem Körper plötzlich noch mehr Energie zur Verfügung. Früher war das für die Menschheit sicherlich von Vorteil. Doch heute sorgen die Firmis, umgangssprachlich auch „Moppelbakterien“ genannt, dafür, dass das Gewicht nach oben geht.
Diese Bakterien helfen dir bei der Gewichtsreduktion
Die Bacters arbeiten als Gegenspieler der Firmis. Ist der Anteil der Bacteroidetes– Bakterien zu mindestens gleich hoch wie der Anteil der Firmicutes, dann nehmen wir weniger Kohlenhydrate und Fett auf und damit weniger schnell zu.
Stuhluntersuchungen können das Verhältnis der Firmis zu den Bacters heute bereits sehr gut nachweisen und man konnte feststellen, dass unter einer kohlenhydratreduzierten Ernährung sich der Anteil der Bacteroidetes-Bakterien erhöht und damit das Körpergewicht sinkt.
Ungleichgewicht ist die Ursache
Meist hat Planet „Übergewicht“ mit zu vielen Firmis zu tun, da das gesamte Universum im Ungleichgewicht ist. So kann zum Beispiel eine frühere (oder auch häufige) Antibiotika-Therapie das Ungleichgewicht im Darm auslösen bzw. verstärken. Auch chronischer Dauerstress und eine einseitige, oft kohlenhydratreiche Ernährung können das Darm-Universum negativ beeinflussen.
Kennst Du schon meinen Artikel „Warum es in den Wechseljahren so schwer ist, am Bauch abzunehmen“?
Kennst du schon den „Schlank-Teller“?
Um ein Gleichgewicht, oder sogar einen leichten Überschuss deiner Bacteroidetes-Bakterien zu erreichen, ist eine kohlenhydratarme Ernährung, zum Beispiel in Richtung Low-Carb, sehr zu empfehlen.
Das Prinzip des „Schlank-Tellers“, das auch Dr. med. Anne Fleck in ihrem Buch „Schlank und gesund mit der Doc Fleck Methode“ vorschlägt, kann ich dir nur wärmstes empfehlen. Dabei sollest du darauf achten, dass bei jeder Mahlzeit dein Teller mindestens zur Hälfte mit Gemüse und / oder etwas Obst gefüllt ist. Die andere Hälfte wird dann von Eiweiß, gesunden Fetten und ein klein wenig Kohlenhydraten belegt.
Auch über die sogenannten Prä- und Probiotika, wie Sauerkraut, Joghurt oder Ballaststoffe, freut sich der Planet „Übergewicht“ sehr. Was diese Nahrungsmittel genau machen, erfährst du weiter unten.
Das Östrobolom
Im Universum deines Darmmikrobioms gibt es nicht nur Planet Übergewicht, sondern auch einen weiteren merkwürdigen Planeten namens „Östrobolom“ (Link vom 19.03.2020). Dieser Planet ist praktisch ein kleines Universum für sich, denn dort befinden sich alle Darmbakterien, die am Östrogenstoffwechsel beteiligt sind.
Für dich als Frau spielt das Östrogen eine wichtige Rolle. Es ist für die Ausbildung deiner sekundären Geschlechtsmerkmale zuständig und jeden Monat am Ablauf des weiblichen Zyklus maßgeblich beteiligt.
In den Wechseljahren wird es meist ein wenig schwierig mit dem Östrogen, es spielt verrückt. DAS merkt Frau an den verschiedensten Symptomen, wie unregelmäßiger Blutung, Hitzewallungen oder Stimmungsschwankungen.
Abbau von Östrogen im Körper
Grundsätzlich wird verbrauchtes Östrogen über die Leber und den Darm umgebaut und schließlich ausgeschieden. In der Leber passiert der erste Umwandlungsprozess. Im Darm, genau gesagt im Östrobolom, wird das Östrogen idealerweise weiter umgebaut, damit es dann schlussendlich ausgeschieden werden kann. Ein bestimmtes Enzym ist für den Umbau wichtig – die Beta-Glucuronidase. Gibt es im Östrobolom ein Ungleichgewicht, so dass viele Darmbakterien die Beta-Glucuronidase bilden, wird viel Östrogen zurück in den Stoffwechsel geschickt. Anstatt es ordnungsgemäß abzubauen, wird es wiederverwendet. Damit kann schnell eine Östrogendominanz entstehen. Das ist in Zeiten der Veränderung, wie den Wechseljahren, nicht gerade besonders hilfreich, da natürlicherweise auch die Progesteronbildung sinkt und damit die Östrogendominanz grundsätzlich wahrscheinlicher wird.
Auch Planet Östrobolom wird vor allem durch deinen Lebensstil positiv wie negativ beeinflusst. Eine einseitige Ernährung, Bewegungsmangel, Dauerstress oder die (dauerhafte) Einnahme von Medikamenten wirkt sich meist negativ auf das gesamte Darmmikrobiom und damit auch auf das Östrobolom aus.
Das heißt aber auch, dass Ernährungsveränderungen eine große positive Auswirkung auf dein Darmmikrobiom haben können. Grundsätzlich ist eine zuckerfreie und kohlenhydratarme Ernährung IMMER wichtig, um dein Darm-Universum gesund zu erhalten, bzw. wieder gesunden zu lassen.
Unterstütze mit Präbiotika
Dabei können dich auch die sogenannten Präbiotika unterstützen. Präbiotika sind für unseren Stoffwechsel unverdauliche Nahrungsmittel, die als Nahrung für die Darmbakterien dienen und damit für ein gesundes Darmmikrobiom mitsorgen.
Präbiotika werden auch Ballaststoffe genannt und diese gibt es in ganz unterschiedlichen Ausführungen. Es gibt wasserlösliche, wie Inulin und Pektin, und wasserunlösliche Präbiotika, wie Zellulose, also Faserstoffe aus Gemüse und Obst.
Da dein Darm-Universum dicht besiedelt ist, solltest du dich auch um die „artgerechte Versorgung“ aller PlanetenbewohnerInnen kümmern. Mit den verschiedensten Präbiotika kannst du das auf eine sehr einfache Art tun.
Lebensmittel wie Bohnen, Erbsen, Sellerie, Artischocken, Hasel-, Wal- oder Macadamianüsse, viele Beerensorten und die meisten Kohlsorten, wie Rosen-, Grün- oder Spitzkohl sind sehr ballaststoffreich. Koch damit, regelmäßig.
Akazienfasern sind besonders gute Ballaststoffe
Natürlich kannst du auch mit weiteren Maßnahmen deine kleinsten Mitbewohner unterstützen. Akazienfasern sind zum Beispiel eine gute Alternative, wenn du bei der Aufnahme von Hülsenfrüchten oder Kohlsorten zu Blähungen neigst.
Akazienfasern sind die optimale Versorgung deiner Darmbakterien und führen zu einem vermehrten Wachstum wichtiger Lactobazillen und Bifidobakterien im Dickdarm. Außerdem sorgen sie dafür, dass die Darmschleimhaut intakt bleibt oder sich regeneriert (darüber erfährst du gleich mehr). Da die Akazienfasern, im Gegensatz zu anderen Ballaststoffen, nicht zu Blähungen führen, sind sie für viele Menschen mit Verdauungsstörungen eine tolle Alternative.
Am besten nimmst du die Akazienfasern 2x täglich, aufgelöst in einem Glas Wasser, ca. 30 Minuten vor dem Essen ein.
Die Schleimschicht muss geschützt sein
Wir haben nun schon zwei wichtigen Planetensysteme kennengelernt. Einen dritten Planeten möchte ich dir noch verstellen. – „Protection“.
Dieser wichtige Planet hat das Ziel, die Schleimschicht jeder Darmzelle effektiv zu schützen.
Die wichtigsten BewohnerInnen und weiteren Superheldinnen und -helden sind die Lacto– und Bifidobakterien sowie die Special-Force der Akkermansia (muciniphilia) und Faecalibacteria prausnitzii.
Die Arbeit dieser besonderen Bakteriengruppe ist enorm wichtig. Sie stärken die Barrierefunktion der Darmschleimhaut und verhindern das Eindringen unverdauter und gefährlicher Substanzen in den Körper.
Leaky-Gut macht krank
Wird allerdings die „Protection-Gruppe“ von anderen Bakterien verdrängt, kann die Schleimhaut beschädigt werden und der Darm wird löchrig. Es entsteht das sogenannte Leaky-Gut-Syndrom. Dabei können durch winzige Lücken zwischen den einzelnen Zellen größere Nahrungsbestandteile und Schadstoffe in den Körper direkt eindringen und uns krank machen. Dann kann das Immunsystem verrückt spielen.
Der Körper schaltet in den „Entzündungsmodus“. Das kann weitreichende Folgen haben. Blähungen, Durchfall, Verstopfung, Heißhunger auf Süßes, aber auch chronische Schmerzzustände und Autoimmunerkrankungen werden heute damit in Zusammenhang gebracht. Auch der Hormonhaushalt gerät möglicherweise immer mehr in Schieflage und in besonderen Zeiten wie den Wechseljahren kann das das Fass zum Überlaufen bringen.
Eine Analyse kann sehr sinnvoll sein
Im Hormoncoaching weise ich häufig auf den Zusammenhang zwischen Darm und Hormonhaushalt hin. Frage ich konkret nach Verdauungsstörungen, wird schnell klar, dass bei der Klientin oft einiges im Argen liegt. In diesen Fällen schlage ich meist eine Mikrobiom-Analyse vor.
Es besteht eine große Wahrscheinlichkeit, dass die Menge der Lacto- und/ oder Bifidobakterien erniedrigt ist. Auch die Entzündungswerte könnten erhöht sein und/ oder der pH-Wert des Verdauungstraktes ist nicht optimal. Ich kann eine Mikrobiom-Analyse besonders bei langhaltenden Verdauungsbeschwerden, Schmerzen oder unspezifischen Symptomen sehr empfehlen.
Je genauer ich weiß, welche Bakterienstämme im Darm im Ungleichgewicht sind, desto besser kann ich dann auch gegensteuern. Häufig empfehle ich meiner Klientin dann ein Probiotikum.
Oft geht es ohne Probiotika nicht
Probiotika sind Bakterien (meistens tatsächlich Lacto- und Bifidobakterien), die die Klientin von außen zusätzlich zuführt. Meist ist allerdings der Verzehr eines Joghurts nicht zielführend, da die eingenommene Menge bei ca. 100 Millionen Bakterien liegen sollte. Da kommt leider kein normaler Joghurt ran.
Es gibt viele verschiedene probiotische Präparate auf dem Markt. Solltest du dich für die Einnahme eines solchen Präparates interessieren, ist es natürlich wichtig, ein qualitativ hochwertiges Präparat einzunehmen. Präparate, die in der Apotheke verkäuflich sind, sind grundsätzlich den Nahrungsergänzungsmitteln vorzuziehen. Im Unterschied zu den Nahrungsergänzungsmitteln, müssen diese Firmen mit Hilfe von Studien die Wirksamkeit ihrer Präparate nachweisen. Folgende Firmen kann ich dir empfehlen (allerdings bedenke immer, dass es immer besser ist, genau zu wissen, was ich am besten einnehmen sollte, anstatt einfach nur ins Blaue hinein loszulegen!):
- Arktis Biopharma
- Omnibiotic
- Syxyl
- Symbiopharm
- Ardeypharm
Grundsätzlich ist die Kombination von Prä- UND Probiotika immer eine gute Sache. Eine alleinige Anwendung von Probiotika, ohne das ausreichende Futter zeitgleich zuzuführen, ist natürlich häufig nicht zielführend.
Die Präbiotika, zu denen übrigens auch fermentierte Lebensmittel zählen, sind eine wunderbare und unersetzliche Ergänzung, wenn du dein Darm-Universum zurück ins Gleichgewicht bringen willst.
Die Entzündung muss weg
Den BewohnerInnen von „Protection“ hilfst du schon sehr, wenn du die o.g. Maßnahmen, also Präbiotika, kohlenhydratarme Ernährung und die passenden Probiotika, beachtest. Zusätzlich kannst du allerdings noch durch Entzündungshemmung deine Darmzellen schützen.
Ganz besonders entzündungshemmend wirken die wunderbaren Omega-3-Fettsäuren, die du mit dem Verzehr von fettreichem Fisch (Wildlachs, Hering) und hochwertigen Pflanzenölen (Leinöl, Hanföl etc.) aufnimmst. Achte allerdings hier ganz besonders darauf, dass das Pflanzenöl nicht ranzig oder verschimmelt ist, dann hat es nämlich eher schädliche Wirkung.
Unterstütze deinen Darm
Natürlich gibt es noch viele andere Planeten in deinem Darm-Universum. Heute hast du drei, meines Erachtens wichtige Planeten und entsprechende Zusammenhänge kennengelernt. In der Mikrobiom-Forschung können wir in den kommenden Jahren noch viel Neues erwarten.
Zusammenfassend kann ich dir versichern, dass du mit einer (oft schon minimalen) Ernährungsumstellung („lass doch einfach mal den Industriezucker weg“) und dem Einsatz von Prä- und Probiotika schon viel Regeneration in dein Darm-Universum und damit in deinen gesamten Stoffwechsel bringen kannst.
Hier nochmal der Link zum ersten Artikel dieser Miniserie „Für Dein gutes Bauchgefühl und weniger Hormonchaos“
Ganz viel Erfolg damit! Und solltest du dazu mehr erfahren wollen, kann ich dir die kostenlose Hormonsprechstunde anbieten. Dort können wir nicht nur über die Zusammenhänge von Darm und Hormonen sprechen, sondern gemeinsam überlegen, wo du am ehesten ansetzen kannst, um dein gesamtes Gleichgewicht wiederherzustellen.
Herzlichste Grüße, Alex Broll
PS: Kennst Du den neuen Selbstlernkurs „Auf Wiedersehen Östrogendominanz“ schon? Schau doch einfach mal rein, in die ausführlichen Infos.
2 Gedanken zu „So beeinflussen die Darmbakterien Deinen Hormonhaushalt“
Bin 60 Jahre und eigentlich mit den Wechseljahren durch,bei mit wurde vor einem halben Jahr Leaky gut festgestellt. Also Ernährung umstellen und auch keinerlei Mehle und ich habe einen Zonulin Wert von 3200.Jetzt möchte ich erneut meinen Wert messen,ist dieser Wert dann irgendwann im normalbereich,bedeutet das die entzündung im Darm ist weg?Haben meine sehr häufigen Hitzewallungen auch mit Leaky gut zu tun,was könnte man da noch tun?
Hallo, ist zwar schon lange her deine Frage, aber trotzdem.
Ich habe auch schon Jahre diese Hitzewallungen und bei mir ist vom Magen über Dünndarmfehlbesiedlung und Dysbiosen im Dickdarm auch alles Mist. Ich habe aber kein Leaky gut und auch keine Entzündungswerte. Bin noch auf der Suche nach der Regulierung. Aber ich denke all die Fehlverdauung u.d. falschen Bakterien sind daran Schuld